Warum MMORPGs?

MMORPGs, beziehungsweise monatlich zahlbare Online-Rollenspiele sind bei vielen Menschen sehr beliebt und viel gespielt: Warum investieren so viele Menschen so viel offline-Zeit und -Geld in eine andere Welt? Meine Position finden Sie in meinem Artikel.

Warum MMORPGs?


Wir alle kennen sie: World of Warcraft (WOW), Final Fantasy 14 Online (FFXIV), The Lord oft he Rings Online (LOTR), The Elder Scrolls Online (TESO) und viele mehr. Was macht diese Art von Spielen, die man in der Regel monatlich bezahlt, so erfolgreich?   
  
Ich denke massively multiplayer online role playing games macht viel mehr aus, als nur das Spiel selbst. Hierbei kann ich nur aus meiner eigenen Perspektive berichten, doch ich denke, dass es dennoch nicht nur mich betrifft. Aufgewachsen bin ich in einer Zeit, in der Internet, Computer und Digitale Spiele noch relativ neu waren. Ganz früher mussten wir noch das Telefonkabel umstecken, wenn wir das Internet nutzen wollten. Mein Vater war ein begeisterter Tomb Raider Fan. Meine Schwester ist stolze Besitzerin einer damals häufig genutzten N64, PS1-4 und sie und ich hatten bis zum Nintendo 3DS fast alle tragbaren Konsolen. Spiele waren also durchaus ein Thema in unserer Familie. Aber monatlich für etwas bezahlen? Das irgendwie nie. Meine Schwester und ich spielten beide eine Zeitlang Nostale, eine Art MMO, welches meiner Erinnerung zu Folge aber kostenfrei spielbar war. Nun, wieso schreibe ich dann über MMORPGs.

Ich zog irgendwann aus dem Elternhaus aus und auf der Suche nach meiner zukünftigen entlohnten Tätigkeit gab es eine Zeit zwischen FSJ und Studienanfang, in der ich irgendwie drei Monate nichts zu tun hatte. Was macht man mit all der Zeit? Ich fing Skyrim zum dritten Mal an, um es wieder nicht durchzuziehen, bis ein Freund mir von Final Fantasy 14 Online berichtete. Ich hatte mal eine Testversion von World of Warcraft gespielt und bereits länger überlegt, vielleicht mal richtig mit einem MMO anzufangen. Ich downloadete die Testversion von FFXIV, um dann zu sehen, ob ich WOW anfangen möchte oder vielleicht dieses andere MMO, von dem ich vorher tatsächlich noch nie gehört hatte. Schande auf mein Haupt, bis auf den schon relativ alten ersten Dissidia Teil, den ich damals auf der PSP gespielt habe, hatte ich noch überhaupt keine Erfahrungen mit Final Fantasy gesammelt. Ich möchte alle Teile irgendwann noch spielen, aber bisher kam es irgendwie nie dazu. Überhaupt habe ich verhältnismäßig sehr wenig Erfahrung in der Spieleindustrie – in meiner Jugend war ich viel draußen, hatte lange nie einen eigenen PC oder Laptop und habe einfach viel Zeit mit und bei Freund*innen verbracht. Meinen ersten Laptop bekam ich glaube ich mit 14 Jahren. Hauptsächlich, um Schulaufgaben effizienter erledigen zu können und weil ich gerne schreibe. Natürlich blieb es nicht bei Schulaufgaben, MSN, Skype, Jappy und sogar Minecraft (über die Performance müssen wir nicht sprechen) waren auf diesem am meisten genutzt. Irgendwann mit 18 bekam ich einen neuen Laptop, der war sehr viel ‚besser‘ und hatte immerhin eine für-einen-laptop-garnicht-mal-schlechte Grafikkarte.



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Auf diesem Laptop machte ich durchaus sehr viel. Uni Auf- und Abgaben, arbeiten, schreiben, mich kreativ ausleben, Spiele spielen. Und später auch Final Fantasy 14 online. Es lief gut auf diesem Laptop, sogar mit zweitem Monitor, anderer Tastatur, Maus, Mikro und Kühler angeschlossen.         

Da waren sie, die drei Monate Zeit und die heruntergeladene Testversion von FFXIV. Los geht’s. Und bam, ein buntes, überwältigendes Bild öffnet sich. Ich war selten so überfordert: So viele Farben, so viele Dinge, die ich in der Form noch nicht gesehen hatte und fragen, welche Klasse ich denn sein möchte, welchem Volk ich angehören möchte. Fragen, die so lebenswichtig erschienen. Meine Starterklasse war der Blackmage (4.0 war das glaube ich damals), mein Startervolk die Elezen, beziehungsweise die Aura, weil ich nach Kaufen der ‚richtigen‘ Version nicht über Steam weitermachen wollte. In FFXIV kann man mit jedem der acht Charaktere, die man beim Kauf spielen kann, jede Klasse spielen und ‚willkürlich‘ zwischen den Klassen hin und her wechseln und auch jede davon auf Maximale Stufe bringen. In diesem Spiel gibt es zahlreiche Möglichkeiten, locker jeden Tag von morgens bis abends zu tun zu haben und das für mehrere Jahre. Der Content wird alle paar Jahre um ein Add-On erweitert und mehrere Patches im Jahr erweitern und ‚verbessern‘ diese auch noch einmal.

Waren es diese Punkte, die FFXIV für mich so relevant machten? In der Zeit, in der ich anfing FFXIV zu spielen, als gäbe es nichts anderes in meinem Leben, gab es in meiner Familie ein gesundheitliches Problem, dass mir emotional sehr zu schaffen machte. Ich verdrängte es mit zocken so gut es eben ging. Abgesehen davon, sind neue Dinge unfassbar spannend für mich und manchmal genieße ich es, mich in solchen zu verlieren. So konnte mir Final eben auch helfen, diese schwierige Situation nicht mehr zu zerdenken, als nötig, denn dazu neige ich ohnehin.
Für viele Menschen sind MMORPGs Zeit- und Geldverschwendung. Ich möchte deutlich machen, warum sie das nicht zwingend sind. Ich begann Final Fantasy 14 mehr oder weniger aus Langeweile, durch Empfehlung eines guten Freundes. Dieses Spiel bereitete und bereitet mir sehr viel Spaß, aber nicht nur das: Es ist ein Hobby. Es ist etwas, das mir zeigen kann, dass ich durchaus diszipliniert auf etwas hinarbeiten kann. Dass ich durchaus Durchhaltevermögen haben kann und das auch bei Dingen, die vielleicht nicht so viel Freude bereiten. Computerspiele haben die Fähigkeit sehr belohnend zu sein. Umso ausbalancierter belohn Systeme in einem Spiel sind, desto erfolgreicher kann es sein. (Dazu ist natürlich noch mehr wichtig, als nur das.) Belohnung empfindet man nicht nur, wenn man etwas geschafft hat, sondern manchmal auch, wenn man weiß, dass man einen Schritt auf seiner Entwicklung weiter ist. Ich erkläre mich kurz. Es gibt zum Beispiel bestimmte Bosse in FFXIV, die Reittiere als ‚Loot‘ haben können. Die Chance, ein Reittier auch zu bekommen, ist nicht unbedingt hoch, aber für jeden Kampf, bei dem in der Theorie ein solches Reittier hätte droppen können, bekommt man in jedem Fall ein Totem, Schatztruhe oder ähnliches. Sammelt man 99 von diesen, dann kann man sich eben dieses Reittier einfach für diese Totems, Schatztruhen oder ähnliches kaufen. Habe ich also einen bestimmten Kampf schon 50 Mal bestritten, aber das Reittier einfach noch nicht bekommen, dann weiß ich, dass ich nur noch 49 Mal diesen Kampf machen muss, um es mir kaufen zu können. Das mag erst einmal langwierig und anstrengend klingen, aber der kleine Nervenkitzel, vielleicht diesmal doch Glück zu haben, ist irgendwie immer mit dabei. Zumal man mit jedem Sieg über den Boss dem Ziel einen kleinen aber entscheidenden Schritt näher ist.
Dieses Spiel gibt mir das Gefühl, irgendetwas schaffen zu können, wenn es im offline-Leben eben mal nicht so gut läuft. Je nachdem wie lange man dabei ist, wird man auch in FFXIV irgendwann einen Alltag haben, besonders wenn man die Main Story durchgespielt hat und oder diese einen ohnehin nicht weiter interessiert. FFXIV hat eine wundervolle Storyline, dies nur nebenbei angemerkt. Wie meine ich das, einen Alltag? In einem Spiel? Nun, es gibt bestimmte Spielmodi in FFXIV die man täglich bestreiten kann, um bestimmte Boni zu erhalten. Diesen Boni kann man nur einmal am Tag erhalten. Täglich gibt es einen so genannten ‚Reset‘, ab welchem man wieder 24 Stunden Zeit hat, um seine Boni zu erhalten. Es gibt in FFXIV (Stand 06.03.2019) drei Healerklassen, drei Tanklassen, vier magische Fernkämpfer, zwei physische Fernkämpfer und vier Nahkampfklassen. 15 davon haben momentan die maximale Stufe auf 70, eine davon auf 50. Weiterhin gibt es drei Sammlerklassen und acht Handwerkerklassen. Die letzteren beiden sind nicht zwingend notwendig, helfen aber ungemein und können viel in-game-Geld sparen. Das macht momentan 27 Klassen, beziehungsweise Jobs, die man auf Max-Level bringen kann. Das war für mich persönlich anfangs sehr einschüchternd, aber im Nachhinein eigentlich ganz gut. Man bekommt verschiedenste Eindrücke über die verschiedenen Spieltechniken und bildet sich damit ein ganzes Stück innerhalb des Spieles weiter.

Was bringt mir das für das off-game-Leben? Ein gutes Gefühl? Ich bin mir stets bewusst, dass mein Tun innerhalb des Spieles keine Auswirkungen auf das Leben außerhalb dessen hat, außer die Aufwendung meiner Zeit und meines Geldes. Und das ist auch gut so. Ich habe die Möglichkeit abzuschalten, ein anderer ‚Mensch‘ zu sein und für ein paar Stunden komplett andere Prioritäten zu haben. An schlechten Tagen kann es mir helfen, mich besser zu fühlen, beschäftigt zu sein und einfach nur eine absolut andere Community zu erleben. Privat und offline bin ich Studentin, arbeite als Transkriptionistin und kümmere mich um eine eigene Wohnung. Gehe gerne spazieren, schwimmen, koche sehr gern, lese manchmal und habe tatsächlich auch noch ein Sozialleben. Und zocken tue ich auch. Ganz nebenbei: Seit vielen Jahren habe ich mit psychischen Problemen zu kämpfen. Nach längerer Therapiezeit bin ich nun dennoch nicht ‚geheilt‘. Es gibt immer noch Tage, an denen ich mich fühle, als würde ich doch sowieso nichts schaffen und eigentlich keinen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Und an solchen Tagen, wenn kein gutes Essen, kein Sonnenschein, keine Gesellschaft mehr hilft, dann hilft es mir manchmal, online zu sein und zu zocken. Wo mich niemand in meinem Oversized Pullover und meinen zausigen Haaren sehen kann, wo ich aber in-game trotzdem Mitspieler*innen meiner Gruppe das in-game-Leben rette, meine Aufgaben und Verantwortlichkeiten erledigen kann und mein wunderschönes in-game-Haus betrachte und stolz auf das bin, was ich in-game so geschafft habe, nachdem ich vor zwei Jahren so unermüdlich überfordert zu sein schien.

Aber das war es noch nicht. Seit einiger Zeit machen mir Konzentrationsprobleme sehr zu schaffen. Manchmal ist sogar keine Ablenkung zu viel Ablenkung und manchmal muss ich eine Serie schauen und Musik hören, um etwas für die Uni konzentriert lesen zu können. In-game gibt es in der Regel so viel Ablenkung, dass ich meine Konzentrationsprobleme oftmals kaum bemerke. Alles ist bunt, überall gibt es Geräusche und Musik und mein HUD (wo Kommandomenüs angezeigt werden, ebenso wie die Map, meine HP/Mana u. v. m.) ist .. eigentlich gar nicht mal so voll, aber mir wurde bereits gesagt, dass es kein Wunder sei, wenn ich manchmal überfordert bin. Dabei ist es gar nicht so voll. Manchmal braucht man eben neun Kommandomenüs auf dem Bildschirm verteilt, zu jeder Zeit (momentan kann man maximal Zehn davon zur gleichen Zeit nutzen). Im Ernst: Alles zu jeder Zeit sehen und anklicken zu können, fühlt sich wie ein Maß an Ablenkung an, dass ich zu brauchen scheine, um zumindest in-game meine Leistung erbringen zu können. Aber das ist natürlich für jede*n anders!

Und natürlich: Soziale Kontakte. Viele Menschen mögen sie für unecht, falsch oder unauthentisch beschreiben, aber für viele Menschen sind sie die Möglichkeit überhaupt soziale Kontakte zu haben und zu pflegen. Nicht nur, weil manch eine*r in der offline-Welt vielleicht zu schüchtern, zu introvertiert oder zu uninteressiert ist, sondern auch, weil manche Menschen körperliche und oder geistige Einschränkungen haben, vielleicht nicht laufen können oder ihren offline-Alltag nicht so bestreiten können, wie viele andere Menschen.


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Diese Dinge treffen nicht auf mich zu – ich habe alle Körperteile und kann mich frei bewegen. Aber dennoch: Wenn Dich Jemand nicht sehen kann und umgekehrt, dann erzeugt das ein ganz anderes Miteinander und ganz andere Umgangsweisen. Manchmal ist das eher negativ, manchmal eher positiv. Die Menschen, denen man online ‚begegnet‘, sehen Dich als Deinen online-Charakter, nehmen Deine online-Aktivität wahr. Online kannst Du zum Glück und leider sein wer Du willst: Nerviger Troll, herausragende*r Mitspieler*in oder manchmal auch einfach nur einer der vielen online-Menschen, die in der Masse verschwinden wollen. Und tatsächlich trifft man immer wieder auf Menschen, denen man im offline-Leben niemals über den weg gelaufen wäre. Ob Zeit und Geld es einer Person wert sind ein MMORPG o. ä. zu spielen, das ist Jedem selbst überlassen. Wichtig ist zu respektieren, wer welche Hobbys hat und wieviel Zeit er*sie dafür investieren möchte. Am Ende des Tages muss ich mit mir selbst zufrieden sein und niemand sonst.

~Danke fürs Lesen





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