Schottische Impressionen

Burgen, Schlösser, Brücken, Highlandkühe, Haggis, Tartan und Kilts, das und noch viel mehr ist Schottland. Schottland punktet mit Romantik, Geschichte, überwältigender Natur und freundlichen Menschen.


Eine Reise nach Schottland ist in jedem Fall ein Erlebnis. Schottland scheint "in" zu sein, bei Romantikern und Geschichtsfans, die die unzähligen Burgen und Schlösser besichtigen, bei Naturverliebten, die die Highlands, die Inseln, die zahlreichen Seen erkunden, bei denen, die die Spuren der Clankultur suchen und bei denen, die die kostbarsten Wochen des Jahres nicht nur an den Stränden dieser Welt, schwitzend in südlicher Sonne verbringen wollen.
Dass den Reisenden nur Regen und Wind erwarten, stimmt definitiv nicht und auch von dem Vorurteil, dass "Haggis", jenes sonderbare, deftige schottische Gericht,  nicht schmeckt, werden sich viele Schottlandbesucher mit Sicherheit nach dem Genuss dieser Spezialität verabschieden. Haggis, gefüllter Schafsmagen, besonders wenn er  in einer leckeren Whiskysoße serviert wird, schmeckt. Okay, das ist natürlich Geschmackssache.

Edinburgh und Glasgow, repräsentieren für mich zwei Gesichter von Schottland. Eine gewisse Rivalität scheint zu existieren, denn wie sonst kann man erklären, dass die Glasgower zu einem nicht geringen Teil der Meinung sein sollen, dass das Beste an Edinburgh der Zug nach Glasgow sei. Die zwei nah beieinander liegenden Städte, sind durch Bus - und Bahnlinien miteinander verbunden.
Bei mir hinterlassen sie einen grundverschiedenen Eindruck. Bewundert man in Edinburgh vorwiegend die Historie, präsentiert sich Glasgow für mein Gefühl einen Tick "hipper", lebendiger und auf den ersten Blick weniger touristisch.
Die Altstadt, „Old Town“,  in Schottlands Hauptstadt Edinburgh, scheint ein einziges großes Museum zu sein, das mit Geistertouren durch die Unterstadt, kleinen Gassen und  versteckten Hinterhöfen rechts und links der „Royal Mile“, der imposanten Burg „Edinburgh Castle“ und dem „Palace of Holyroodhouse“ die Besucher anzieht. Edinburgh hat eine gut erkennbare städtebauliche Struktur, mit gepflegten und beeindruckenden Gebäuden, sowohl in der Altstadt, als auch in der mondäneren Neustadt.
Glasgow hingegen,  einst durch den Tabakhandel, später durch die Industrialisierung, insbesondere durch Stahl – und Eisenproduktion und durch den Schiffbau wohlhabend geworden, präsentiert sich als ehemalige Industrie – und Arbeiterstadt, die sich auf dem Weg zu einem modernen Medien – und Dienstleistungszentrum befindet. Die bauten ehemaliger Arbeiterunterkünfte sind in großer Anzahl zu finden, aber auch moderne Hochhäuser und Gebäude aus der viktorianischen Zeit prägen Glasgows gegenwärtiges  Stadtbild. Zahlreiche Gebäude, gehen auf den Architekten Charles Rennie Mackintosh zurück. Schon deshalb zieht Glasgow auch Jugendstilliebhaber an.
Spätestens seit dem Jahr 1990, als Glasgow Europäische Kulturhauptstadt wurde, hat die Stadt ihr Image einer schwarzen, schmutzigen Industriestadt mit seinen zahlreichen Theatern, Museen, Festivals ohnehin überwunden.

Während meines Besuchs in Glasgow und in Edinburgh begegneten mir an vielen öffentlichen Plätzen Skulpturen eines kleinen lachenden Jungen in verschiedenen „Kostümen“. Wullie, so heißt er, ist das Symbol einer schottlandweiten Aktion zur Unterstützung von schottischen Kinderkrankenhäusern in diesem Sommer. Von verschiedenen Sponsoren gefördert, gestalteten Künstler 200 sehr individuelle lebensgroße Figuren von Wullie. In 5 schottischen Städten wurden sie an öffentlichen Plätzen, zum Beispiel vor dem Nationalmuseum in Edinburgh, im öffentlich zugänglichen Innenhof der Universität von Edinburgh, auf dem „George Square“ in Glasgow oder vor dem dortigen „Kelvingrove Park“ aufgestellt. Der Erlös, einer im September stattfindenden Auktion der Figuren, wird an Kinderkrankenhäuser in Schottland übergeben. Eine tolle Aktion mit „Suchtcharakter“ für Hobbyfotografen und auch eine gute, wenn auch zeitlich gebundene Möglichkeit, auf der Suche nach „Wullie“ die beiden Städte zu erkunden.

Was besucht, besichtigt, entdeckt man, wenn man für ein paar Tage in Edinburgh oder Glasgow ist?
Vorab: eine Auswahl zu treffen ist schwer und nach 14 Tagen oder drei Wochen wird mit Sicherheit noch genügend "Stoff“ für einen weiteren Schottlandurlaub übrigbleiben.
Natürlich gibt es die „Highlights“, wie zum Beispiel einen Spaziergang von „Edinburgh Castle“ über die „Royal Mile“ zum „Palace of Holyroodhouse“. Dabei passiert man beispielsweise die wunderschöne St. Giles Kathedrale, kann dem „Writers Museum“, das sich in einem der zahlreichen Innenhöfe befindet und einigen schottischen Schriftstellern gewidmet ist, einen Besuch abstatten.
Entlang des Weges gibt es neben Souvenirläden, hochpreisige Schneider für Kilts und edle Textilläden, Schmuckläden mit klassischen schottischen Designs, Cafés und Restaurants auch ein Museum, das man mit Kindern unbedingt besuchen sollte. Es handelt sich um das Museum der Kindheit. Puppen, Spielzeuge aller Art können besichtigt werden und sicher werden nicht nur Kinderherzen höherschlagen, wenn man eine Reise in den Alltag von Kindern in der Vergangenheit antritt. Der Eintritt ist frei.

Die große, wunderschöne und gepflegte Parkanlage „Princess Street Garden“ mit einer intakten Blumenuhr, einem imposanten Springbrunnen lädt zu einer Pause ein. In der Vorweihnachtszeit gibt es dort überigens einen Weihnachtsmarkt, interessanter Weise mit deutscher Bratwurst und Glühwein.
Mit einem Kaffee in der Hand, Leute beobachtend und die entspannte Atmosphäre dieser Parkoase genießend, kann man hier die Edinburgher und natürlich auch Touristen „studieren“  und das ist nach meiner Meinung genauso wichtig, wie die interessante Geschichte Schottlands, die man unter anderem auch im Nationalmuseum bewundern kann und die Geschichten , die sich hinter den Mauern von Palästen und Schlössern verbergen.  
Aber was wäre Schottland ohne seine Geschichten und Mythen? Eine der für mich schönsten Geschichten ist die Geschichte vom treuen Skye Terrier „Bobbie“, dem die Edinburgher unweit des Greyfriars Friedhofes ein Denkmal gesetzt haben und dessen Grabstelle und Denkmal von unzähligen Touristen täglich aufgesucht wird. Bobby soll, nach dem Tod seines Herrchens, 14 Jahre jeden Tag treu an dessen Grab gesessen haben. Aber auch die übrigen alten, zum Teil verwitterten und mit Moos bewachsenen Grabsteine und Grabmonumente, machen den ältesten Friedhof der Stadt sehr sehenswert.
Unbedingt zu empfehlen ist eine Tour durch die unterirdische Stadt von Edinburgh. Nirgendwo kann man sich auf so angenehme Art gruseln und Geistern begegnen  wie im ober- und unterirdischen Labyrinth zwischen „High Street“ und „Cowgate“. Zahlreiche Führungen in die Unterstadt werden, angereichert mit Legenden und wundersamen Geschichten, angeboten.

Mit ihren mondänen Boutiquen, breiten und prachtvollen Straßen ist die Neustadt von Edinburgh beeindruckend und zu einem Teil des UNESCO Weltkulturerbes erklärt worden. „New Town“ bietet Platz, Privatgärten, ist hell und weitläufig und damit ein Gegenstück zur Edinburgher Altstadt.
 Mein Eindruck von der Neustadt ist nur oberflächlich. Deshalb  kommen New Town, der Besuch der Stadtteile Stockbrigde und Dean Village, der Hafen von Leith, der Botanische Garten auf die  „to – do – Liste“ für meine nächste Reise in Schottlands Hauptstadt.

Von Edinburgh aus werden , genau wie auch von Glasgow, durch diverse Reiseveranstalter zahlreiche Touren in und durch die Highlands angeboten. Man kann über mehrere  Tage die schottischen Inseln bereisen, kann einige bekannte Drehorte der Serie „Outlander“ besuchen oder die bekanntesten schottischen Seen, zum Beispiel „Loch Less“ oder „ Loch Lomond“  während einer Tagestour kennenlernen.
Ich empfehle, wenn man das Wagnis des Selbstfahrens scheut, sich einen Reiseveranstalter auszusuchen, der, wie zum Beispiel „Timberbush Tours“, mit dem ich reiste, die genannten Touren in kleinen Bussen anbietet. Oft sind die Touren nicht auf Deutsch, aber es gibt zum Beispiel Zusammenfassungen der Touren auf Deutsch und allein die bequeme Fahrt durch die Landschaft lohnt sich. 

Um nach Glasgow zu reisen wählte ich den Zug. Komfortabel und schnell reist man so auf angenehme Weise.  Zusätzlich gibt es auch kostengünstigere Busverbindungen, die mehrmals am Tag bedient werden. Glasgow verfügt über zwei Bahnhöfe, Central Station und Queen Street Station, die beide sehr zentral gelegen sind und sich in der Nähe der meisten Hotels befinden. Auch der Busbahnhof ist zentral gelegen.
Und wenn man sein Hotel gefunden hat, kann es eigentlich auch schon losgehen, zum Beispiel mit einer Stadtrundfahrt, um sich einen Überblick zu verschaffen. Ich hatte mich vorab für ein 2- Tages -Ticket entschieden, das nicht wesentlich teurer gewesen ist, als ein Ticket für einen Tag und das ich ausgiebig  genutzt habe.
Je nachdem, wie viel Zeit man für den Besuch von Glasgow einplant, empfehle ich den Besuch der beiden Museen, die ich besucht habe. Ich kann die Qualität der zahlreichen anderen Museen nicht einschätzen, aber die beiden, die ich mir ausgesucht hatte, haben mir gut gefallen. Die „Gallery of Modern Art“ befindet sich in der Nähe des Bahnhofes „Queen Street Station“ und „Kelvingrove Art Gallery und Museum“ ist gelegen im Kelvingrove Park, unweit der Glasgow Universität. Der Eintritt ist, wie in den meisten anderen Museen, frei. Leider hat die Zeit für den Besuch des „People´s Palace and Winter Gardens“  in der großen Parkanlage des „Glasgow Green“ nicht mehr gereicht. Das bedeutet : auf die Liste!
Einer der beeindruckendsten Plätze in Glasgow ist für mich der Friedhof „Necropolis“, der sich auf einem Hügel oberhalb der Glasgower Kathedrale erhebt. Der Aufstieg ist mit geringer Anstrengung gut zu bewältigen, belohnt wird man mit einem sehr schönen Ausblick über die Stadt. Die Grabmale verschiedenster Stilrichtungen, reich verziert und prachtvoll ausgestattet,  zeugen vom Willen und Wunsch ihrer reichen Auftraggeber, über den Tod hinaus nicht an Bedeutung einzubüßen, zeigen deren Wunsch, auf gewisse Art und Weise Unsterblichkeit zu erlangen. Es lohnt sich an diesem Platz eine Pause einzulegen und sich ein wenig Zeit zum Nachdenken, vielleicht über die Vergänglichkeit und Begrenztheit menschlichen Lebens, zu nehmen.
Was Glasgow für mich auch interessant macht, ist die Streetart, die man entdeckt, wie zum Beispiel Werke des australischen Künstlers „Smug“ oder des Künstlers „Roguo One“. Vorab kann man einen Plan mit den Werken der verschiedenen Künstler auf der Webseite: www.citycentremuraltrail.co.uk  finden, der als Orientierung für einen Stadtspaziergang dienen kann.

Was lohnt sich noch in Glasgow? Zum Beispiel der Besuch des Wochenmarktes „Urban Market“. Einheimische empfehlen, natürlich  mit einem Augenzwinkern, im Falle eines Diebstahls oder Einbruches zunächst einmal dort nachzuschauen, um das Diebesgut wieder zu finden. Und sie sind der festen Überzeugung, dass es Dinge, die man dort nicht finden kann, auch nicht gibt. In unmittelbarer Nähe befindet sich „Glickmans“, der älteste Süßwarenladen Glasgows, ein „ Muss“ für Leckermäuler und Liebhaber schottischer Süßigkeiten von Schokolade bis Toffees.

Wieder bleiben für meine „ to – do – Liste“  für die nächste Reise viele Dinge übrig. Da wären zum Beispiel ein ausgedehnterer  Stadtspaziergang entlang der Streetartkunstwerke, eine Shoppingtour, ein Besuch der „Willow Tea Rooms“, eine Führung durch das wunderschöne alte Rathaus der Stadt.

Mein Fazit: Glasgow und Edinburgh sind mehr als eine Reise wert, wenn man auch die Atmosphäre der Städte aufnehmen möchte. Beide Städte sind für Tagestouren unterschiedlicher Länge geeignet. Unbedingt ansehen möchte ich während der nächsten Reise die schottischen Inseln. Ich bin beeindruckt von der Freundlichkeit der Schotten und fühle mich dort sehr wohl und sicher.



 




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